Auf der Skifreizeit mit der Schule werden zwei Schüler beim Kiffen erwischt. Die beiden Jugendlichen wussten jedoch, was nun auf sie zukommt: Neben der Schulleitung werden die Eltern informiert, um sie abzuholen. Weitere pädagogische und disziplinarische Konsequenzen sowie ein Suchtberatungsangebot erwarten die Jugendlichen daheim. Denn das Kollegium dieser Schule hat einen Leitfaden für Klassenfahrten erarbeitet. Die Regeln wurden vor der Reise den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern erläutert und deren Eltern mitgeteilt. Alle haben sie vorab unterschrieben.
Klare Regeln für Klassenfahrten aufzustellen und die Folgen bei Verstößen zu benennen, „macht es für alle transparent, berechenbar und fair“, sagt Thomas Leubner.
Der Pädagoge ist Fachkraft für Suchtprävention in der Fachstelle für Suchtprävention Wernigerode des Diakonie-Krankenhauses Harz. Solche Regelungen entlasten die Lehrkräfte. Zum einen müssen sie nicht ad hoc entscheiden, sondern setzen gut vorbereitete Entscheidungen um. Zum anderen können sie auf die Vereinbarung verweisen und so emotionalem Druck vorbeugen.
Die zwei Fachstellen für Suchtprävention im Landkreis Harz veröffentlichten bereits vor einigen Jahren eine entsprechende Handreichung. Diese bietet konkrete Regelungen zu Tabak, Alkohol und illegalen Drogen. „Die Schule muss das Jugendschutzgesetz umsetzen“, sagt Leubner, „sie kann sich aber Freiräume für Erziehungsmittel offenlassen.“ So kennt er Schulen, die Strichlisten führen: Wer das erste Mal beim Rauchen erwischt werde, müsse etwa putzen. Bei der dritten Verwarnung erfolge eine Meldung an das zuständige Ordnungsamt. Aufgrund des Nichtraucherschutzgesetzes kann sogar ein Bußgeld verhängt werden, denn in vielen Bundesländern schließt das Rauchverbot in Schulen auch Klassenfahrten ein.
Doch das Ende der Fahnenstange ist bei illegalen Drogen erreicht. Laut Betäubungsmittelgesetz ist selbst der Besitz geringer Mengen strafbar. Aus diesem Gesetz entsteht jedoch noch keine Anzeigepflicht seitens der Lehrkräfte oder Schule. Einige Bundesländer wie etwa Bayern haben differenzierte Hinweise zum Verhalten der Schule bei Drogenmissbrauch veröffentlicht. Gibt es Anzeichen für den Handel mit illegalen Drogen, sieht das jeweilige Länderrecht für Schulen oder Verwaltungsvorschriften meist vor, dass die Schulleitung Anzeige bei der Polizei erstattet.
Aus Eigenschutz und zum Schutz anderer gilt: Wer illegale Drogen auf einer Klassenfahrt konsumiert, verwirke das Recht, daran teilzunehmen, betont Leubner. Er rät, vor einer Klassenfahrt unbedingt einen Elternbrief zu verschicken, in dem die Konsequenzen bei Verstößen klar formuliert werden und die Kenntnisnahme durch Unterschrift bestätigt wird. Eltern soll verdeutlicht werden, dass es zu ihren Aufgaben zählt, mit ihren Kindern über das Verhalten auf Klassenfahrten zu sprechen. Ebenso gehört die Verpflichtung dazu, das Kind auf eigene Kosten vorzeitig abzuholen, falls notwendig. Wichtig ist zudem, dass die begleitenden Lehrkräfte geschlossen auftreten, bei Regelverstößen vorgesehene Sanktionen umsetzen und im Hinblick auf weitere Erziehungs- oder Ordnungsmaßnahmen die Schulleitung informieren.
Ausschließlich zur Vorbereitung einer Klassenfahrt, Schülerinnen und Schülern „mit den Gefahren von Rauchen, Alkohol und Drogen zu konfrontieren und ihnen einen Vortrag zu halten, ist nicht wirksam und würde ich Lehrkräften nicht empfehlen“, sagt der Experte. Suchtprävention und die Planung einer Klassenfahrt nennt er „zwei unterschiedliche Maßnahmen. Prävention sollte beginnen, bevor das Thema auf dem Tisch liegt oder es schon brennt.“
Berauschte Schülerinnen oder Schüler dürfen nicht allein gelassen werden, sagt Jochen Taubken, Experte für Erste Hilfe bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Wichtig sei, dass die Lehrkraft Ruhe bewahre. Als Erstes soll sie überprüfen, ob derjenige noch ansprechbar ist. Bei Verdacht auf Drogenkonsum empfiehlt der DGUV-Experte, die Person an einen ruhigen Ort mit wenig Licht und Menschen zu bringen und für Frischluft zu sorgen. Bei Alkoholkonsum wiederum verliert der Körper Wärme, darum rät Taubken, die Person in eine Decke oder Jacke einzuwickeln. „Wenn jedoch jemand nicht mehr Herr über seine Muskeln oder sein Bewusstsein ist, muss sofort der Notruf abgesetzt werden“, sagt er. Ist der Betreffende nicht mehr ansprechbar, atmet aber noch, muss er unverzüglich in die Seitenlage gebracht und ständig überwacht werden, bis der Rettungsdienst eintrifft. Hilfreich ist auch, dem Rettungsdienst die Reste der konsumierten Substanz zur Laboranalyse mitzugeben.
Mirjam Ulrich, Journalistin in Wiesbaden