Fahrender Rettungswagen in Großaufnahme.

Foto: Adobe Stock, Christian Müller

Es muss nicht immer der Rettungswagen sein

  • Der Verletzung angemessenes Transportmittel wählen
  • Einige Unfallkassen bieten „Taxi-Fahrscheine“ an
  • Haftungsrechtliche Bedenken sind unbegründet

 

Beim Toben auf dem Schulhof prellt sich ein Schüler den Arm. Die Pausenaufsicht ruft den Rettungswagen, damit das Kind zur ärztlichen Untersuchung gebracht wird. Die Verletzung ist nicht schlimm, aber die Rechnung teuer: Knapp 1.300 Euro kosten der Transport im Rettungswagen und der Einsatz des Notarztes – und steht damit in keinem Verhältnis zu den Behandlungskosten von rund 65 Euro.

 

Seit Jahren steigen die Kosten für Transporte von Schülerinnen und Schülern, die sich bei einem Unfall verletzt haben, weiß Jörg Zervas. Er ist Abteilungsleiter Rehabilitation und Entschädigung bei der Unfallkasse Rheinland-Pfalz. Die hat die Ursache der gestiegenen Kosten genauer untersucht und unter anderem herausgefunden, dass auch bei leichteren, oberflächlichen Verletzungen regelmäßig ein Transport mit einem Kranken-, Rettungs- oder sogar Notarztwagen veranlasst wird.

 

„Selbstverständlich stehen Sicherheit und die bestmögliche medizinische Versorgung an erster Stelle“, sagt Zervas. „Es sollten jedoch der Verletzung angemessene Transportmittel eingesetzt werden.“ Schließlich finanzieren sich die Unfallkassen aus Steuermitteln. Mithin liege es im Interesse aller, unnötige Kosten zu vermeiden, damit das Geld nicht an anderer Stelle fehle. Außerdem stehen die Rettungsteams, die wegen Bagatellverletzungen alarmiert werden, in dieser Zeit nicht für Einsätze bei schweren Unfällen zur Verfügung.

 

Keine Frage, bei schweren Verletzungen sollen Schülerinnen und Schüler sofort zu einem Durchgangsarzt (D-Arzt) oder in eine Notfallambulanz. Dazu zählen etwa Arm- oder Beinbrüche, Gehirnerschütterungen oder Bewusstlosigkeit und stark blutende Wunden. Sie erfordern einen Transport im Kranken-, in besonders schweren Fällen im Rettungswagen und fachkundige Begleitung durch die Rettungssanitäter oder den Notarzt. Bei Minderjährigen sollte zudem eine erwachsene Begleitperson von der Schule bis zum Eintreffen der Eltern dabeibleiben.

 

Anders ist es bei leichten Verletzungen wie etwa kleinen Schürf- oder Schnittwunden, leichten Prellungen oder Verstauchungen. Nach der Versorgung mit Pflaster oder Verband durch die Ersthelferinnen oder Ersthelfer der Schule ist eine Untersuchung in der nächstgelegenen Haus- oder Facharztpraxis ausreichend. Gemäß der Schülerunfallversicherung dürfen sie dort behandelt werden, erläutert Zervas.

 

Wichtig ist mitzuteilen, dass es sich um einen Schulunfall handelt. „Kommt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt zum Ergebnis, dass eine Behandlungsdauer von mehr als einer Woche zu erwarten ist, müssen sich die Verletzten in einer D-Arztpraxis vorstellen.“

Bei leichten Verletzungen sollen die Betroffenen zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Privat-Pkw zur Arztpraxis gebracht werden. Grundschulkinder müssen auf jeden Fall begleitet werden, bei älteren Schülerinnen und Schülern kann das je nach Alter und Reife auch eine Mitschülerin oder ein Mitschüler übernehmen. Für die verletzte Person und die Begleitperson besteht während des Hin- und Rückwegs zur ärztlichen Versorgung Versicherungsschutz. Dabei ist es unerheblich, wie der Weg zurückgelegt wird. Die Schule kann auch zunächst die Eltern benachrichtigen, die ihr Kind dann abholen und selbst in eine Praxis bringen können.

 

In einigen Bundesländern bieten die Unfallkassen außerdem einen „Taxi-Fahrschein“ an. Das Formular ermöglicht den unbürokratischen und bargeldlosen Transport mit einem Taxi. Das Taxiunternehmen rechnet direkt mit dem Unfallversicherer ab, und es sind keine Eigenanteile zu zahlen.

 

Allerdings darf der Taxi-Fahrschein ausschließlich nach einem Unfall und nur für die Fahrt zur ärztlichen Erstversorgung und zurück verwendet werden. Das jeweilige Formular gibt es im Schulsekretariat oder auch zum Herunterladen. Jörg Zervas von der Unfallkasse Rheinland-Pfalz sind keine Fälle bekannt, in denen der „Taxi-Fahrschein“ nicht vom Taxiunternehmen akzeptiert wurde.

 

Falls dies doch einmal vorkommen sollte, rät er, sich eine Quittung mit Fahrtziel und Anlass der Fahrt geben zu lassen, die Unfallkasse erstatte die Kosten. Auch die Kosten für die Beförderung mit dem öffentlichen Nahverkehr oder dem Privatwagen werden erstattet.

 

Bei der Wahl des geeigneten Transportmittels herrsche bei Lehrkräften und Aufsichtspersonen oft Unsicherheit, sagt der Unfallkassen-Experte. Oft liege das an haftungsrechtlichen Bedenken, die aber unbegründet seien. „Lehrkräfte und sonstige Aufsichtspersonen haften gegenüber der verletzten Person grundsätzlich nur dann, wenn sie den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.“

 

Wo gibt es Taxi-Fahrscheine?

  • Taxi-Fahrscheine bieten Unfallkassen unter anderem in folgenden Bundesländern: Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen und der Gemeinde- Unfallversicherungsverband Oldenburg.

 

Infos zur Ersten Hilfe

  • Weitere Infos finden sich in den DGUV-Broschüren „Erste Hilfe in Schulen“ (Webcode 202059) sowie „Rechtsfragen bei Erster-Hilfe-Leistung durch Ersthelferinnen und Ersthelfer“ (Webcode 10852). Kostenfrei herunterzuladen unter: https://publikationen.dguv.de

 


Mirjam Ulrich, Journalistin in Wiesbaden

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