Der Unterricht läuft vielerorts nur eingeschränkt, weil Hygiene- und Verhaltensregeln einzuhalten sind. Schulleitungen sind jedoch auch dafür verantwortlich, eine wirksame Erste Hilfe zu organisieren. Dazu zählt, dass ausreichend Ersthelferinnen und Ersthelfer vorhanden sind. Womöglich sind aber Lehrkräfte, die in Erster Hilfe ausgebildet sind, noch nicht an die Schule zurückgekehrt, weil sie einer Risikogruppe angehören.
Wie sich dennoch eine ausreichende Anzahl von Ersthelfenden sicherstellen lässt, darauf gibt es Jochen Taubken zufolge keine pauschale Antwort. Er leitet das Sachgebiet „Betriebliches Rettungswesen“ im Fachbereich Erste Hilfe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). „Bei der Personalplanung müssen Schulleitungen nicht nur die Gewährleistung des Unterrichts unter Einhaltung der Hygieneregeln berücksichtigen, sondern auch eine an die besondere Situation angepasste Anzahl an Ersthelferinnen und Ersthelfern einplanen.“
Auch der Schulsanitätsdienst könne bei der Ersten Hilfe unterstützen, wenn es sich um ältere Schülerinnen und Schüler mit entsprechender Ausbildung handele. „Grundsätzlich liegt bei einem schulischen Notfall die Verantwortung aber immer bei den aufsichtführenden Lehrkräften.“
Der DGUV-Experte empfiehlt, die Schülerschaft zu Unterrichtsbeginn kurz zu informieren, wer im Notfall ansprechbar und ob das Sekretariat besetzt ist. Die Betreuungslehrkräfte des Schulsanitätsdienstes erläutern den Schulsanitäterinnen und -sanitätern, was sie bei der Ersten Hilfe während der Pandemie beachten müssen. „Die eigene Sicherheit steht an erster Stelle“, betont Taubken. Prinzipiell gelte auch bei der Ersten Hilfe ein Sicherheitsabstand von anderthalb Metern. Oft lässt sich der aber nicht einhalten, etwa bei der Wundversorgung. Darum ist ein besonderer Schutz nötig.
Ersthelfende wie auch hilfsbedürftige Personen tragen beide einen Mund-Nasen-Schutz, den die Schule bereitstellt. Einmalhandschuhe sind für Ersthelfende ohnehin obligatorisch. „Diese Ausrüstung sollen sie möglichst bei sich führen, damit sie sie direkt griffbereit haben und dem Betroffenen sofort einen Mund-Nasen-Schutz aushändigen können.“
Ferner empfiehlt Taubken, auch eine Schutzbrille zur Verfügung zu stellen. Nach dem Einsatz waschen die Ersthelfenden gründlich die Hände und desinfizieren sie auch. In allen Schulen muss mindestens ein Raum vorhanden sein, in dem verletzte Schülerinnen und Schüler oder Lehrkräfte betreut werden können. Wurde die Krankenliege im Erste-Hilfe-Raum benutzt, muss sie ebenso wie andere kontaminierte Flächen gereinigt und desinfiziert werden. „Diese Hygieneregeln galten auch schon vorher und gelten natürlich in Zeiten des Coronavirus ebenso.“
Neu ist, dass bei der Atemkontrolle Abstand gewahrt bleiben soll. Statt sich mit der eigenen Wange dem Gesicht des Betroffenen zu nähern, ist auf Bewegungen des Brustkorbs und Bauchs zu achten. Bei Kindern hat ein Atem-Kreislauf-Stillstand meist eine respiratorische Ursache, darum spielt die Atemspende zur Wiederbelebung eine wichtige Rolle. „Es liegt jedoch in der Entscheidung der Ersthelferin oder des Ersthelfers, ob im Ernstfall bei der Wiederbelebung beatmet oder nur die Herzdruckmassage ununterbrochen durchgeführt wird, bis der Rettungsdienst eintrifft“, erläutert Taubken. Falls in der Schule eine Beatmungsmaske mit Ventil zur Verfügung steht, sollen Ersthelfende entsprechend geschult sein, um sie zu verwenden.
Wenn der Rettungsdienst vor Ort ist, sollen die Ersthelfenden ihre eigenen Kontaktdaten an die Einsatzkräfte weitergeben für den Fall, dass bei der verletzten Person nachträglich eine Infektion mit SARS-CoV-2 festgestellt wird. Wenn es an einer Schule den Verdacht einer Corona-Infektion oder eine Covid-19-Erkrankung gibt, so ist die Schulleitung gesetzlich verpflichtet, dies dem Gesundheitsamt zu melden. Auch dann, wenn es bereits gemeldet wurde.
Die namentliche Meldung muss unverzüglich erfolgen und dem zuständigen Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden, nachdem die Schulleitung Kenntnis erlangt hat, vorliegen. Fehlen einzelne Angaben, darf die Meldung trotzdem nicht verzögert werden. „Die Gesundheitsämter entscheiden dann über das weitere Vorgehen“, sagt Taubken. Wenn sich der Verdacht einer Infektion nicht bestätigt, ist das dem Gesundheitsamt ebenfalls zu melden.
Für die Anzahl an Ersthelferinnen und Ersthelfern in Schulen sowie die Intervalle der Aus- und Fortbildung gelten länderspezifische Vorgaben. Empfohlen wird ein Zeitraum von zwei Jahren. Falls während der Pandemie keine Fortbildung möglich ist, könne das Intervall erhöht werden, erläutert der DGUV-Experte. Es gebe eine Karenz, sie solle aber je nach Kenntnisstand der Ersthelfenden ein zusätzliches halbes Jahr nicht überschreiten.
Seit Juni 2020 werden in Deutschland wieder Erste-Hilfe-Kurse angeboten. Besteht bei Schulangehörigen Bedarf an Aus- oder Fortbildung, rät Taubken dazu, den Kurs in der Schule zu veranstalten, damit der Personenkreis bekannt ist. Ohnehin ist anzustreben, möglichst viele Lehrkräfte als Ersthelfer auszubilden, darüber hinaus auch die Hausmeisterin oder den Hausmeister sowie Angestellte aus dem Schulsekretariat.
Mirjam Ulrich, Journalistin in Wiesbaden