Die folgenden Empfehlungen stammen von Dr. Andrea Mertens, Staatliches Schulamt für Stadt und Landkreis Offenbach. Die Schulpsychologin bietet regelmäßig Fortbildungen zum Thema „Schwierige Elternkommunikation“ für Lehrkräfte an.
Als Lehrkraft sollte man auf bestehende Info-Formate, wie zum Beispiel Elternsprechtage, Elternabende, E-Mail-Verteiler, Newsletter oder Schüler-Eltern-Heft hinweisen. Zu empfehlen ist, Eltern sofort zu Schuljahresbeginn über die ‚Informationskultur‘ der Schule ins Bild zu setzen. Falls die Klage von Elternseite gehäuft kommt, ist Ursachenforschung angesagt: Was läuft schief? Grundsätzlich sind Schulen auskunftspflichtig. Doch der Ball lässt sich auch zurückspielen: Es gehört zur elterlichen Verantwortung, die Schulentwicklung ihres Kindes im Auge zu behalten und notwendige Informationen dazu einzuholen.
Ein Schüler ist im Unterricht überfordert und benötigt Unterstützung. Was sage ich den Eltern?
Wenn ein Kind nicht mitkommt, sind Schulen gehalten, nach Fördermöglichkeiten zu suchen. Die Eltern könnten so informiert werden: ‚Wie Sie vielleicht den letzten Klassenarbeiten entnommen haben, hat Ihr Kind große Schwierigkeiten im Fach Mathematik. Wir beabsichtigen, für Ihr Kind einen Förderplan zu erstellen. Aus diesem Anlass laden wir Sie zu einem Gespräch ein.‘ Tenor: Wir in der Schule suchen nach Ideen, um Schwächen Ihres Kindes auszugleichen. Hilfreich ist es für das Elterngespräch, wenn Leistungsstand und bisherige Förderung dokumentiert sind und klar benannt werden können.
Eine Schülerin zettelt in der Schule wiederholt Konflikte mit anderen Kindern an.
Lehrkräfte sollten die beobachteten Vorkommnisse dokumentieren, denn auch in diesen Fällen ist es wichtig, im Elterngespräch die Fakten klar zu benennen. Zum Elterngespräch können Fachlehrkräfte hinzugezogen werden, die ebenso von ihren Beobachtungen berichten. Schuldzuschreibungen und ein offener ‚Schlagabtausch‘ sollten jedoch in jedem Fall vermieden und stattdessen nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden. Gegebenenfalls kann ein Förderplan zum sozialen Lernen erstellt sowie Schulsozialarbeit und Schulpsychologie einbezogen werden.
Ein Kind erledigt die Hausaufgaben öfter nicht oder vergisst ständig, seine Unterrichtsmaterialien mitzubringen.
Hier gibt es eine schulische Informationspflicht. Lehrkräfte sollten die Versäumnisse Eltern zeitnah schriftlich zurückmelden. Das ist im Interesse des Kindes, und so lässt sich vermeiden, dass Eltern später sagen: „Das habe ich nicht gewusst.“ Abhängig vom Alter des Kindes zählt es zu den elterlichen Pflichten, die regelmäßige Erledigung der Hausaufgaben sowie das Schulmaterial im Blick zu haben.
Ein Schüler ist psychisch belastet und benötigt ganz offensichtlich Unterstützung.
Entscheidend ist, wie stark das Kind beeinträchtigt ist. Auch in diesem Fall ist es gut, wenn Lehrkräfte Beobachtungen, Äußerungen und Gespräche mit dem Jugendlichen dokumentieren. Zum Elterngespräch kann man so einladen: ‚Die Entwicklung Ihres Kindes gibt Anlass zur Sorge. Wir würden mit Ihnen gern ein Gespräch dazu führen.‘ Im Gespräch mit den Eltern sollte gemeinsam nach Lösungen gesucht werden. Ausnahme ist die ernsthafte Androhung von Suizid: Dann sollten Eltern und gegebenenfalls die Schulpsychologie sofort informiert werden.
Eltern behandeln eine Lehrkraft ohne Akzeptanz und Wertschätzung.
In einer solchen Situation sollte man deutlich machen, wie man behandelt werden möchte und deutliche Ich-Botschaften aussenden. Wiederholen sich solche Situationen, könnte eine weitere Kollegin oder die Schulleitung unterstützend hinzugezogen werden. Es geht aber auch um ein Stück Selbstreflexion, die im Rahmen einer Supervision stattfinden könnte: Fehlen den Eltern einfach die Manieren oder habe ich eventuell selbst Anteil an deren unangenehmen Verhalten?
Beim Elternabend wird eine Lehrkraft ständig von Eltern unterbrochen.
So ein Verhalten sollte man sich verbitten. Als Lehrkraft ist man vom Elternbeirat eingeladener Gast und sollte auch entsprechend behandelt werden. Ratsam ist es immer, mit den Elternbeiräten im Vorfeld zu klären, ob Konfliktthemen anstehen. Dann kann man sich besser darauf vorbereiten. Einzelprobleme mit bestimmten Eltern ebenso wie Probleme bzgl. einzelner Schüler/innen sind im Einzelkontext mit den unmittelbar Betroffenen zu klären und nicht beim öffentlichen Forum Elternabend. Dort sollten Themen besprochen werden, die alle Anwesenden betreffen.
Was, wenn Eltern die Professionalität einer Lehrkraft in Frage stellen?
In solchen Situationen sind Lehrkräfte gut beraten, wenn sie klare Ansagen machen, freundlich und gelassen bleiben. Nach dem Motto: Ich bin professionell und weiß, warum ich was tue. Zugebenermaßen, das ist in manchen emotional aufgeladenen Situationen eine hohe Kunst.
Weitere Infos bietet die pluspunkt-Ausgabe „Schwierige Gespräche gut führen“ im pluspunkt-Online-Archiv unter: www.dguv-lug.de, Webcode lug1096067
Das Interview führte René de Ridder (Universum Verlag), Wiesbaden