Foto: Dominik Buschardt

Neue Kanäle und offene Fenster

  • Elternkommunikation auf Youtube inklusive Fremdsprachenübersetzung
  • Am offenen Sekretariatsfenster lässt sich der persönliche Kontakt pflegen
  • Grundschule plant außerdem Online-Sprechzeiten für Eltern

 

Ein Youtube-Kanal, ein Schulsekretariat ‚to go‘ und intensive Elternbeiratsarbeit: Während des Lockdowns im Frühjahr hat die Gerhart-Hauptmann-Schule in Dreieich (Hessen) neue Kommunikationsformen mit Eltern etabliert. Ein Besuch bei der Schulleitung.

 

Um sich auf die neue Situation einzustellen, blieb den Schulen nur ein Wochenende Zeit: Am Freitag, 13. März erschien die offizielle Mitteilung des Kultusministeriums, dass angesichts der sich stark verbreitenden Corona-Infektionen ab Montag kein regulärer Unterricht mehr stattfinden sollte. „Wir mussten von jetzt auf gleich neue Wege finden, um mit Eltern und Schülerschaft zu kommunizieren“, erinnert sich Schulleiterin Annette Melms von der Gerhart-Hauptmann-Schule in Dreieich (Hessen).

 

An der multikulturell geprägten Schule kämpfen einige Kinder und Eltern mit Sprachbarrieren. Deswegen griffen Melms und ihre Konrektorin Denise Schablin zu einem Medium, das für Schulleitungen eher ungewöhnlich ist: Sie eröffneten einen Youtube-Kanal. Der Vorteil: Auf der Plattform lassen sich automatische Untertitel in verschiedensten Sprachen einstellen.

 

Gleich am zweiten Tag des Lockdowns hielt Melms eine Ansprache in die Kamera und sie luden das Video hoch. „Es ging uns darum, in allen Familien Präsenz zu zeigen“, sagt die Schulleiterin. Die Rede erreichte einen Großteil der Elternschaft, machte den Kindern Mut und beruhigte manches besorgte Elternteil. Aufgrund der guten Erreichbarkeit nutzten anschließend die Lehrkräfte den Kanal, um selbstgemachte Erklärvideos für ihre Schülerinnen und Schüler hochzuladen.

 

Daneben entstanden in der Lockdown-Phase weitere neue Kommunikationsformate zwischen Schule und Eltern: Bis heute steht zweimal in der Woche neben dem Haupteingang der Schule ein Gartentor offen, hinter dem rot-weißes Flatterband den Weg zu einem offenen Fenster im Schulgebäude weist. Es ist das ‚Sekretariat to go‘. „Hier können Eltern am Fenster ihre Probleme besprechen – oder einfach mal was loswerden. Gerade für Eltern, die nicht gut telefonieren oder E-Mails schreiben können, ist das sehr wichtig. Wir brauchen den persönlichen Kontakt!“, erklärt Schulleiterin Melms.

 

Auch Eltern, die den Kontakt nicht aktiv suchten, hat die Grundschule während der Einschränkungen durch die Pandemie erreicht: „Wir konnten uns auf ein sehr gut funktionierendes Beiratsnetzwerk verlassen“, erzählt Konrektorin Schablin. Während der Schulschließungen verfolgten Melms und Schablin wichtige Pressekonferenzen und gaben neue Informationen sofort an alle Elternbeiräte weiter. Die wiederum wussten, wie sie die Eltern ihrer Klasse am besten erreichen konnten.

Der Schulleitung ist dieser Zwischenschritt sehr wichtig: „Die Beiräte haken sofort nach, wenn Sachen ungenau formuliert sind oder aus ihrer Perspektive nicht gehen“, sagt Melms. „Umgekehrt trauen sich die Eltern eher mal, bei ihrem Beirat Fragen zu stellen oder sich zu melden, wenn einfach nur ein Elternbrief verloren gegangen ist.“

 

Wichtig war es auch, für die Kommunikation ein festes Regelwerk zu etablieren, damit Lehrkräfte und Elternbeiräte nicht von Anfragen „aufgefressen“ würden, wie Melms sagt. Sie und Konrektorin Schablin legten klare Strukturen fest, welche Angelegenheiten in die Zuständigkeit der Eltern, in die der Beiräte und die des Lehrerkollegiums fielen. Die Unterrichtsgestaltung oder Kontrolle der Schularbeiten etwa blieben natürlich Sache der Lehrkraft. Um Berufliches und Privates weiter trennen zu können, bekamen alle Lehrkräfte eine dienstliche E-Mail-Adresse.

 

Fürs Erste ist der Präsenzunterricht an der Schule zurückgekehrt. Auf dem Schulhof spielen die Kinder ganz selbstverständlich mit bunten Mund-Nase-Bedeckungen. Trotzdem wollen Melms und Schablin die in der Zeit des Lockdowns entstandenen Kommunikationswege weiter aufrechterhalten: „Wir können von den neuen digitalen Angeboten als auch von unserer Art der klaren Kommunikation nur profitieren“, sagt die Schulleiterin.

 

Für den Fall eines erneuten Lockdowns hat die Schulleitung ein Kommunikationskonzept erarbeitet, das den Austausch zwischen Schule und Eltern noch klarer regeln soll. Der Vorschlag: Lehrkräfte arbeiten nach einem Stundenplan, in dem auch Online-Sprechzeiten mit den Eltern festgelegt sind.

 

Das Konzept liegt nun – wie sollte es anders sein? – zur Abstimmung dem Elterngremium vor. Schablin resümiert: „Diese Rückmeldekultur ist uns wirklich enorm wichtig – nicht nur während der Pandemie, wir haben sie lange im Voraus aufgebaut.“

 


Anna Nöhren, Redakteurin (Universum Verlag)

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