Abstimmen, vernetzen, fortbilden: In Dortmund (NRW) bringt die trägerübergreifende Koordinierungsstelle Schulsozialarbeit verschiedenste Akteure im Handlungsfeld Schulsozialarbeit zusammen. Koordinatorin Heike Niemeyer erklärt, wie Schulen, Fachkräfte und Jugendliche profitieren und wieso Teams mit gemischten Professionen die Schule der Zukunft prägen.
Frau Niemeyer, was ist die Zielsetzung der trägerübergreifenden Koordinierungsstelle?
Heike Niemeyer: Seit 2009 arbeiten wir kontinuierlich an der konzeptionellen Gestaltung und Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit im Rahmen von Qualitätsentwicklung, um die ganzheitliche erzieherische Handlungskompetenz von Schule zu unterstützen. Wir beraten Fachkräfte, Schulleitungen, Träger, Kooperationspartner, Stadtverwaltung und Politik in Fragen rund um Schulsozialarbeit.
Was bedeutet das konkret?
Heike Niemeyer: Unter anderem haben wir mit den Akteuren im Handlungsfeld Schulsozialarbeit in einem dialogischen Prozess ein Rahmenkonzept für Schulsozialarbeit entwickelt, das für aktuell 180 Fachkräfte und alle Schulstandorte gilt. Ein weiteres Thema ist Qualifizierung. Für neue Fachkräfte in der Schulsozialarbeit kooperieren wir beispielsweise mit dem Landesjugendamt, das eine dreitägige Einstiegsqualifizierung anbietet.
Wie unterstützt die Koordinierungsstelle die Fachkräfte im Alltag?
Heike Niemeyer: Wir bieten bei Bedarf Fachberatung und alle sechs Wochen strukturierte und geleitete Qualitätszirkel für alle Fachkräfte der Schulsozialarbeit an. Bei diesen Netzwerktreffen, gegliedert nach Schulformen, werden Schwerpunktthemen bearbeitet, zum Teil mit externen Fachleuten. Kollegiale Beratung ist ebenfalls Bestandteil der Qualitätszirkel.
Über welche Inhalte wird bei den Qualitätszirkeln denn gesprochen?
Heike Niemeyer: Ein immer wiederkehrendes Thema ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Themenfeld Kinderschutz. Zugleich werden auch Themen wie Demokratieförderung, sexuelle Bildung oder Aufbau von schulinternen Beratungsnetzwerken bearbeitet.
Profitieren auch gesamte Schulkollegien von der Koordinierungsstelle?
Heike Niemeyer: Ja, wir beraten Schulleitungen und Schulteams. Etwa, wenn ein schuleigenes Konzept zur Schulsozialarbeit in die Tat umgesetzt werden soll. Dazu haben wir eine trägerübergreifende Arbeitshilfe mit den 15 Trägern der Schulsozialarbeit und in Kooperation mit der Fachhochschule Dortmund entwickelt.
Wie wichtig ist Netzwerkarbeit?
Heike Niemeyer: Das ist eine zentrale Aufgabe. Im Alltag der Schulsozialarbeit tauchen alle Lebensthemen der Kinder und Jugendlichen auf: Wie soll eine einzige Person all das bedienen? Deswegen bauen Fachkräfte für Schulsozialarbeit oft Brücken zu weiteren Fachleuten: Multiprofessionelles Arbeiten und externe Vernetzung sind gefragt. Das ist der Grund, warum wir an einem guten Netzwerk zu außerschulischen Kooperationspartnern stetig weiterarbeiten.
Gibt es Projekte zur Gesundheitsförderung und Prävention?
Heike Niemeyer: Die Fachstelle für Jugendberatung und Suchtvorbeugung „Feedback“ schult in Dortmund flächendeckend die Fachkräfte der Schulsozialarbeit in „MOVE – Motivierende Kurzintervention für konsumierende Jugendliche“. Dabei werden Fachkräfte für Schulsozialarbeit zur Beratung rund um das Thema Drogen und Suchtprävention weiterqualifiziert.
Können Sie von weiteren Projekten aus dem Themenfeld berichten?
Heike Niemeyer: Das bundesweite Projekt „Klasse 2000“ verfolgt niedrigschwellige Gesundheitsprävention in Grundschulen. Es werden Fragen behandelt wie: Welche Lebensmittel sind für mich gesund? Wie putze ich meine Zähne richtig? Im Projekt vor Ort in den Schulen arbeiten Fachkräfte der Schulsozialarbeit mit Lehrkräften gemeinsam an der Projektumsetzung. Weiteres Beispiel ist eine Kooperation mit dem ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst der Malteser Dortmund. Gemeinsam werden Kinder und Jugendliche bei ihrer Trauer begleitet, und es werden Möglichkeiten gesucht, Familien im Alltag zu unterstützen.
Welches Angebot hat die Koordinierungsstelle zur Gewaltprävention an Schulen?
Heike Niemeyer: Im Kooperationsprojekt „Wir für uns“ setzen die Polizei, das Jugendamt und der Fachbereich Schule mit dem „Kompetenzteam“ des Schulamts für die Stadt Dortmund gezielt auf Fortbildung von multiprofessionellen Teams. Dabei werden Fachkräfte für Schulsozialarbeit, Lehrkräfte, Polizei und Fachkräfte aus Jugendfreizeitstätten zusammengebracht. Bei der Fortbildung mit sieben Modulen über anderthalb Jahre wachsen unter anderem Wertschätzung und Verständnis zwischen den Professionen.
Wie fällt das Feedback zu diesen Fortbildungen aus?
Heike Niemeyer: Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Wir bieten immer häufiger Fortbildungen für multiprofessionelle Teams an. Aus meiner Sicht erreichen wir das Bestmögliche für Kinder und Jugendlichen nur, wenn sich die Fachkräfte in und rund um Schulen als eine Verantwortungsgemeinschaft begreifen. Multiprofessionelle Teams werden zunehmend wichtiger, um Schule als einen Lebensort zu gestalten. Einfach weil Schulen heute einem ganzheitlichen Bildungsanspruch gerecht werden müssen, und den können Lehrkräfte nicht alleine umsetzen.
Was empfehlen Sie Schulen, die Schulsozialarbeit konzeptuell verbessern wollen, aber keine kommunale Koordinierungsstelle haben?
Heike Niemeyer: Wer weitere Informationen haben möchte, kann sich mit uns in Verbindung setzen. Wir kommen auf Anfrage in eine andere Kommune, um über unsere Erfahrungen zu berichten. Zugleich sollte der Bedarf für kommunale trägerübergreifende Koordinierungsstellen gegenüber Verantwortungsträgern kommuniziert werden.
Das Interview führte René de Ridder, Redakteur (Universum Verlag).