Ob Theater, Tanz, Zirkus oder Architektur: Schule bietet vielfältige Möglichkeiten für ästhetisches Lernen. Bianca Fischer von der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder und Jugendbildung e.V. (BKJ) erklärt, wie kulturelle Schulentwicklung das Lernen verändert – und das Wohlbefinden steigert.
Was genau ist kulturelle Schulentwicklung?
Allein durch die Fächer Kunst und Musik haben alle Schulen bereits ein Grundangebot an kultureller Bildung. Einige Schulen bieten auch Darstellendes Spiel und Tanz an – oder haben schon einmal mit einem Künstler, einer Künstlerin oder einer Kultureinrichtung zusammengearbeitet. Häufig findet diese Zusammenarbeit zunächst punktuell, mit einzelnen Lehrkräften und Klassen wenig systematisch statt. Aber es kann der erste Schritt eines Prozesses sein. Bei der kulturellen Schulentwicklung geht es darum, das Angebot auszuweiten und möglichst viele Fächer einzubeziehen. Ziel ist die Verankerung eines ästhetischen Lernens im Lehrplan und Schulalltag.
Wie kann so etwas aussehen?
Die Schule sollte als Erstes eine Bestandsaufnahme machen: Welche Angebote und Kooperationen gibt es bereits? Wer engagiert sich aus dem Kollegium? Welche Angebote gibt es in der Region von Büchereien, Museen, Jugendkunstschulen oder Kulturvereinen? Danach gilt es, die eigenen Ziele festzulegen und Maßnahmen zu planen. Wenn die Schule eine Kulturschule werden möchte, dauert so ein Prozess mehrere Jahre.
Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf die Schule?
Im besten Fall verändert sich dabei die gesamte Schulkultur. Es entsteht ein anderes Miteinander. Partizipation spielt eine große Rolle. Ästhetisches Lernen findet nicht nur im Kunst- oder Musikunterricht statt, sondern auch in anderen Fächern und im Nachmittagsangebot. Die Schule öffnet sich für die Zusammenarbeit mit Kulturpartnern. Neben dem kognitiven Lernen erfahren Schülerinnen und Schüler sinnliche Zugänge. Sie lernen mit Kopf, Herz und Hand.
Das Interview führte Kathrin Hedtke, Freie Journalistin.
Wie kann so ein Lernen aussehen?
Eine Schule hat zum Beispiel im Chemieunterricht mit einem Kunstmuseum kooperiert. Die Schülerinnen und Schüler haben selber Farben hergestellt und anschließend damit gemalt. In Mathematik ist ein Zugang über Architektur möglich. Schülerinnen und Schüler wurden in den Umbau der eigenen Schule einbezogen und haben dabei ihr mathematisches Wissen angewendet.
Welche Effekte zeigen sich bei den Schülerinnen und Schülern?
Studien belegen, dass man sehr viel besser lernt, wenn man mit allen Sinnen lernt. Wenn Schülerinnen und Schüler selbst ein Theaterstück entwickeln oder die eigene Geschichte in einem Rap-Song verarbeiten, steckt dahinter eine ganz andere Leidenschaft und Identifikation. So eine Erfahrung führt zu einer positiven Selbstwahrnehmung, stärkt den Gruppenzusammenhalt und die Sozialkompetenzen. Dieser ganzheitliche Ansatz fördert das Wohlbefinden – und damit die Gesundheit. Das gilt auch für die Lehrkräfte. Der Krankenstand geht zurück, wenn sich in der Schule alle wohlfühlen.
Welche Möglichkeiten haben Schulen?
Es gibt viele tolle Beispiele von der Gründung eines neuen Fachs „Kultur“ über AGs, Projektwochen, Ausflüge oder Chorpausen. Einige Schulen fördern auch kulturorientierte Schülerfirmen, Schülerinnen und Schüler betreiben etwa eine eigene Grafikagentur. Eine andere Möglichkeit sind künstlerische Projekte, die in die Stadt oder ins Dorf hineinwirken. So können Schulen zum Beispiel dabei helfen, den Marktplatz neu zu gestalten.
Wo gibt es Unterstützung?
Sowohl die Schul-, Kultur- und Jugendministerien als auch die Kultur- oder Bildungsbüros in den Kommunen bieten Informationen. Sie stellen Praxismaterialien zur Verfügung, vermitteln an Beratungsstellen und informieren über Fortbildungen sowie Fördermöglichkeiten. Auch die BKJ und die Landesvereinigungen für kulturelle Kinder- und Jugendbildung bieten Beratung und vielfältige Unterstützungsmaterialien zur kulturellen Bildung an.