Regina Bungartz kennt das Dilemma: Man hängt gedanklich an Problemen fest, verharrt in seinen Mustern, kommt nicht weiter. Dann kann der Blick von außen helfen. „Eine Supervision sorgt für einen Perspektivwechsel und eröffnet neue Lösungsräume“, sagt Regina Bungartz. Sie ist nicht nur Oberstufenleiterin an der Gesamtschule Rheydt-Mülfort in Mönchengladbach, sondern begleitet als systemische Beraterin und Coach viele Schulen.
Die täglichen sozialen Anforderungen an Lehrkräfte sind immens: Der Schulalltag bedeutet eine extrem hohe Dichte an Sozialkontakten und ständigen Gesprächen. „Der Bedarf, sich über das Erlebte auszutauschen und mentale Entlastung zu schaffen, ist groß“, sagt Regina Bungartz. Nicht umsonst zählen Lehrkräfte zu den von Burnout besonders betroffenen Berufsgruppen. Auch Supervisionen kreisen thematisch oft um die hohe Arbeitsbelastung, mangelnde Arbeitszufriedenheit, perfektionistische Ansprüche sowie Anforderungen von Eltern und Schulleitungen, Mobbing und Stress.
Eine professionelle Gesprächsführung soll dabei vor allem strittige Themen im Schulkollegium in Ruhe klären helfen. Sie kann Veränderungen anstoßen und steuern, einen Interessenausgleich befördern und damit den Stress der Beteiligten abbauen. „Es ist eine Entdeckungsreise zu sich selbst, um eigene Verhaltensmuster besser kennenzulernen und zu durchbrechen“, sagt Bungartz. Leider sieht der Alltag meist anders aus: Zur Reflexion und zum Innehalten fehlen Zeit und Raum. Die Folge: Psychologische Helfer werden erst in Notsituationen gerufen, wenn Konflikte bereits eskaliert sind. „Dabei böte Supervision große Chancen: Schulleitungen, Führungskräfte und Kollegen können frühzeitig vor und während der Umsetzung von Veränderungsprozessen begleitet werden“, so die Beraterin.
Allerdings erfordert Supervision die Mitarbeit der Beteiligten. „Ein Berater hat keinen Sanitätskasten, aus dem er eine Lösung hervorzaubern kann“, betont die systemische Beraterin. „Aber man kann gemeinsam die individuelle Situation betrachten: Was wird warum als belastend empfunden? Wie geht man mit Mehrbelastungen um, und wie lässt sich die Situation verändern? Die Antworten sind oft bei den beteiligten Akteuren zu finden.“
Dass Supervision an Schulen oftmals hilfreich ist, hat Regina Bungartz in ihrer beruflichen Praxis schon oft erfahren: „Die Wirksamkeit von Supervision ist meiner Meinung nach evident“, sagt sie. Um Unterstützung können Schulteams unter anderem bei den Schulpsychologischen Diensten der Länder und Kommunen nachsuchen, die kostenfrei arbeiten. Werden darüber hinaus externe Berater beauftragt, kann die Schule die Kosten aus ihrem Fortbildungsetat übernehmen. „Mehr Hilfsangebote von staatlicher Seite wären unbedingt nötig“, meint Regina Bungartz. „Der Wunsch nach Supervision ist groß und wäre gerade präventiv wichtig.“
Die Beraterin empfiehlt, bei Fachverbänden nach Supervisoren zu suchen. Es gibt zertifizierte Ausbildungen, dafür stehen zum Beispiel die Kürzel DGsP, DGsF und DGSv. Doch auch die eigene Intuition ist bei der Auswahl gefragt: „Wer Hilfe sucht, sollte sich nicht nur über die Ausbildung der Fachkraft informieren, sondern bei der Auswahl auch auf sein Bauchgefühl hören.“ Regina Bungartz empfiehlt: „Es ist wichtig, sich beim Erstkontakt von der Kompetenz zu überzeugen und zu überprüfen, ob man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann.“
Regina Bungartz ist Oberstufenleiterin und begleitet zudem viele Schulen als systemische Beraterin.
Sven Heitkamp, freiberuflicher Journalist.