Zwei Kinder halten Tablets in der Hand.

Foto: Viktoria Kühne

Bildung in der digitalen Welt

Die digitale Revolution macht vor den Schulen nicht Halt. Dr. Isabelle Sieh über Ziele und Bedingungen für digitales Lernen und die Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“.


Frau Dr. Sieh, Tablets, Smartphones und Whiteboards halten Einzug in die Schulen. Welche Kompetenzen sollen Schülerinnen und Schüler in Bezug auf die Digitalisierung erwerben?


In der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ haben sich die Kultusminister der Länder auf sechs Kompetenzbereiche verständigt, die fachintegrativ vermittelt werden sollen. Sie reichen von Recherche- und Analysefähigkeiten über Regeln der Netiquette und den Schutz der Privatsphäre bis hin zur Problemlösungsfähigkeit in Bezug auf technische Fragen, wie beispielsweise das Erkennen und Anwenden algorithmischer Strukturen. Jedes Fach, mit seinem spezifischen Zugang zur digitalen Welt, soll seine Perspektive einbringen. Dazu müssen die Bildungspläne aller Fächer inhaltlich um diese Kompetenzbereiche erweitert werden, mit dem Ziel, den jungen Menschen einen selbstbestimmten und kritischen Umgang mit digitalen Medien zu ermöglichen.


Und dann müssen die Lehrkräfte befähigt werden, diese Pläne umzusetzen?


Ja, ihnen kommt bei der Umsetzung der Strategie eine Schlüsselrolle zu. Um die Möglichkeiten der Digitalisierung für den Unterricht zu nutzen, benötigen sie entsprechende Kompetenzen, die sie in Fortbildungen erwerben können. Dabei geht es längst nicht nur um technische Fähigkeiten. Die Lehrkräfte sollen immer die Entwicklungsziele der Schule beziehungsweise der Schülerinnen und Schüler vor Augen haben. Erst dann stellt sich die Frage, welche Lernmittel dazu benötigt werden und wie digitale Medien dabei unterstützen können. Klar ist dabei, dass die Technik Inhalte und pädagogische Ziele des Unterrichts unterstützt und nicht umgekehrt die Technik den Unterricht bestimmt. Die Strategie betont also ganz klar das Primat des Pädagogischen.


Wie steht es denn mit der Umsetzung der Strategie?


Die Länder bearbeiten alle Themen und beschäftigen sich mit allen Handlungsfeldern. Die sechs Kompetenzbereiche werden nun fächerübergreifend in die Lehrpläne eingearbeitet, es gibt gezielte Fortbildungsangebote für Lehrkräfte. Das große Bild ist aber noch schwer zu fassen. Ich glaube, dass der Digitalpakt von Bund und Ländern, der jetzt kommen soll, den vielen Maßnahmen, die auf kommunaler und Landesebene schon angestoßen sind, den entscheidenden Rückenwind geben wird, um das Ziel der Strategie zu erreichen, perspektivisch allen Schülerinnen und Schülern den Zugang zu einer digitalen Lernumgebung zu ermöglichen. Der Knackpunkt ist: Wir müssen auf allen Handlungsfeldern gleichzeitig aktiv werden. Die beste Ausstattung mit Computern bleibt folgenlos, wenn nicht gleichzeitig hochwertige digitale Medien verfügbar sind, die von den Schülerinnen und Schülern genutzt werden können, ohne persönliche Daten preiszugeben. Angeleitet werden sollten sie von Lehrkräften, die selbst souverän sind im Umgang mit Computern und Lernanwendungen.

Mal was ganz Praktisches: Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass Wirtschaftsunternehmen als Sponsor für die materielle Ausstattung an Schulen Einfluss auf das Bildungssystem nehmen?


So manches großzügige Geschenk kann sich schnell als Belastung erweisen, wenn Geräte ausfallen oder altersbedingt entsorgt werden müssen. Wer übernimmt die Sorge um Betrieb und Wartung und wie wird der eingeführte Standard gehalten? Auch können günstige Angebote teuer werden, wenn Anschlussprodukte angeschafft werden müssen, um die Geräte und Programme weiter nutzen zu können. Gleichzeitig verfügen Wirtschaftsunternehmen über technisches Knowhow und bieten Lösungsmöglichkeiten an, die von den Schulen und Kommunen nicht in gleicher Weise produzierbar sind, weil ihre Kompetenzen und Aufgaben anderswo liegen. Das ist ein Dilemma, das aus meiner Sicht nicht grundsätzlich aufgelöst werden kann.


Vielen Dank für das Gespräch!


Dr. Isabelle Sieh ist als Referentin im Sekretariat der Kultusministerkonferenz für die Koordinierung der Umsetzung der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ zuständig.

redaktion.pp(at)universum.de

Handlungsfelder der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“

  • Bildungspläne und Unterrichtsentwicklung
  • Bildungsgrundlagen von Lehrenden
  • Infrastruktur und Ausstattung Bildungsmedien
  • Bildungsgrundlagen von Lehrendenrechtliche und funktionale Rahmenbedingungen


Die Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ kann unter www.kmk.org > Suche: Bildung in der digitalen Welt heruntergeladen werden.

Hier geht es direkt zum Download.

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