Drei Schüler arbeiten gemeinsam an einem Projekt.

Foto: Dominik Buschardt

Versichert bei Gruppenarbeiten?

  • Für Gruppenarbeiten möglichst genaue Vorgaben machen
  • Gruppendynamische Prozesse können gesetzlich unfallversichert sein
  • Private Hausaufgaben sind weiterhin nicht versichert


Konkret ging es um einen 15-jährigen Realschüler, der im Rahmen einer außerschulischen Gruppenarbeit tragisch verunfallte. Im Rahmen des Musikunterrichts sollte die Klasse in Kleingruppen Werbeclips herstellen und diese während des Unterrichts auf dem Schulgelände drehen. Auf Bitten der Jugendlichen erlaubte die Musiklehrerin, die Werbeclips auch außerhalb des Unterrichts im privaten Bereich zu drehen beziehungsweise fertigzustellen. Vorgegeben war der Abgabetermin, nicht aber Drehzeit und Drehort.


Diese Möglichkeit nutzten einige. So traf auch der später verletzte Schüler (Kläger) zu diesem Zweck nachmittags mit drei anderen Klassenmitgliedern zu Hause bei einem Mitschüler seiner Gruppe. Er sollte mehrere Szenen spielen und nahm an, er werde gefilmt, während er mit einem Getränk aus der Haustür herauskam. Tatsächlich war der Akku des Aufnahmegeräts leer. Als er das merkte, verließ er wütend den Drehort in Richtung nach Hause. Einer der Mitschüler verfolgte ihn und rempelte ihn mit dem Ellenbogen an. Daraufhin stolperte der Kläger und schlug mit dem Kopf auf. Seitdem ist er auf einen Rollstuhl angewiesen.


Die zuständige Unfallkasse verneinte das Vorliegen eines bei ihr versicherten Schulunfalls insbesondere mit Hinweis darauf, dass die Gruppenarbeit außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Schule stattgefunden habe. Sie sei deshalb wie eine der unversicherten Privatsphäre zuzurechnende Hausaufgaben-Erledigung einzustufen. Dem schloss sich das Sozialgericht Heilbronn an.

Nach Vorliegen der vollständigen Entscheidungsgründe wird das BSG-Urteil in den fachlichen Gremien der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eingehend zu analysieren sein, um rechtssichere Empfehlungen für die Praxis der Schulen und Unfallkassen zu entwickeln.

 

Tobias Schlaeger, Bereichsleitung Grundsatz, Unfallkasse Nordrhein-Westfalen

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Das BSG hat dagegen ebenso wie schon das Landessozialgericht Baden-Württemberg als Berufungsinstanz den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz bejaht. Die vollständige Ausfertigung des BSG-Urteils wird vermutlich erst in einigen Wochen vorliegen. Wegen des großen Interesses an dieser Entscheidung seien hier deshalb die tragenden Überlegungen laut der offiziellen Pressemitteilung des BSG bereits vorab dargestellt.

Hausaufgaben im Selbststudium sind nicht unfallversichert


Das BSG hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach kein Versicherungsschutz (mehr) besteht, wenn Schülerinnen und Schüler ihre Hausaufgaben im Selbststudium zu Hause erledigen. Da aber im konkreten Fall die Musiklehrerin aus organisatorischen/ pädagogischen Gründen jeweils Gruppen von Schülerinnen und Schülern für ein gemeinsames Tun zusammengestellt hat, wurde vorliegend keine Hausaufgabe erledigt. Der erforderliche Schulbezug bestand konkret darin, dass die Lehrkraft aus der Menge aller Schülerinnen und Schüler (einer Klasse) Gruppen bildete und diesen bestimmte Aufgaben zuwies, die sie dann jeweils gemeinsam lösen sollten. Daher findet – so das BSG weiter – während einer schulisch veranlassten Gruppenarbeit für jedes Gruppenmitglied „Schule“ und damit ein „Schulbesuch“ ausnahmsweise an dem Ort und zu dem Zeitpunkt statt, an dem sich die Gruppe innerhalb oder außerhalb des Schulgeländes zur Durchführung der Projektarbeit trifft.


Realisiert sich bei der schulisch initiierten Projekt- Arbeit in einer durch die Schule gebildeten Gruppe eine gruppentypische Gefahr, so besteht für alle Gruppenmitglieder Unfallversicherungsschutz mit gegenseitiger zivilrechtlicher Haftungsbeschränkung der versicherten Schülerinnen und Schüler.

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