Düstere Morgendämmerung in Hannover. Autos fahren in eine enge Sackgasse ein, Türen öffnen sich, Schulkinder steigen aus. Fahrzeuge rangieren hektisch hin und her, um zu wenden. Inmitten bewegter Blechlawinen bahnen sich Kinder den Weg zum Schuleingang – Verkehrssicherheit sieht anders aus. „Morgens herrschte hier jeden Tag absolutes Chaos“, erinnert sich Thorsten Haas, Vater einer Grundschülerin.
Die brenzligen Situationen gehören mittlerweile der Vergangenheit an. Heutzutage fällt Besuchern in der Liepmannstraße zuallererst das knallrote Banner am Schulzaun auf. Ein Pfeil weist Fußgängern, Rad- und Rollerfahrern den Weg zur Schule. Autos dürfen morgens nicht mehr bis zum Schuleingang vorfahren. Stattdessen lotst das großformatige Banner die Kraftfahrer zu einer Haltezone. „Seitdem ist die Lage vor der Schule viel entspannter geworden“, sagt Haas.
Die Idee, die problematische Verkehrssituation zu verbessern, kam von der Polizeidirektion Hannover. Zusammen mit dem Arbeitskreis „Runder Tisch Kinderverkehrssicherheit“ wurden viele Situationen vor Grundschulen in Hannover geprüft. Der Arbeitskreis entschied sich letztendlich, die Albert-Schweitzer-Schule zum Modellprojekt zu machen. Dass diese Grundschule ausgewählt wurde, hat auch mit einer Besonderheit zu tun: Die Schule liegt außerhalb ihres Grundschuleinzugsbereichs. Sprich: Für einige Familien entstehen vergleichsweise lange Wege zwischen Wohnort und Schule.
Ebenso bei der Überzeugungsarbeit ist noch eine gewisse „Wegstrecke“ zu bewältigen. Schulleiterin Ayten Çiftçi: „Wir müssen am Ball bleiben, um noch mehr Eltern zu überzeugen, die Kinder zu Fuß zur Schule zu schicken.“
René de Ridder, Redakteur (Universum Verlag)
Auch die Resonanz in überregionalen Medien war groß – ein Zeichen, dass Ideen zum Thema Elterntaxi auch andernorts auf großes Interesse stoßen.
Aber fördern zusätzliche Haltebuchten eine kritische Haltung zur täglichen Autofahrt? Sollte nicht erreicht werden, dass sich mehr Kinder eigenständig zu Fuß auf den Schulweg machen? Genau das ist das zweite Ziel des Modellprojekts: Es soll eine dauerhafte Verhaltensänderung bei den Eltern in Sachen Autoverkehr bewirkt werden.
„Wir finden es sehr wichtig, dass Schülerinnen und Schüler den Schulweg zu Fuß bewältigen. Das fördert die Selbständigkeit und die sozialen Kontakte. Oft sind die Kinder auch aufgeweckter im Unterricht“, sagt GUVH-Pressesprecher Peter Schöps. Und ergänzt: „Falls die Schülerinnen und Schüler auf dem Rad zur Schule fahren, sollte das erst nach der abgelegten Fahrradprüfung erfolgen.“
Bei der Aufklärung unterstützt der GUVH die Schulleitung mit Infomaterialien. Dazu zählen Power-Point-Präsentationen für Elternabende, der Film „Abenteuer Schulweg“, Schulwegpläne, Elternbriefe in verschiedenen Sprachen, Flyer zur Aktion „Kleine Füße“ und leuchtfarbige Verkehrssicherheitswesten. Für zusätzliche Motivation bei den Kindern sorgt die Aktion „Bewegungspass“, eine Initiative vom Stadtsportbund Hannover. Im Pass sammelt Punkte, wer zu Fuß, mit dem Rad oder dem Roller zur Schule kommt.
Das Thema Verkehrssicherheit wird in der Albert- Schweitzer-Schule weiter auf der Tagesordnung stehen. Gerade wird geprüft, ob in der Liepmannstraße auch nachmittags ein Einfahrverbot eingerichtet werden kann, um den „Abholverkehr“ durch Elterntaxis noch besser in den Griff zu bekommen.
Die Idee, die problematische Verkehrssituation zu verbessern, kam von der Polizeidirektion Hannover. Zusammen mit dem Arbeitskreis „Runder Tisch Kinderverkehrssicherheit“ wurden viele Situationen vor Grundschulen in Hannover geprüft. Der Arbeitskreis entschied sich letztendlich, die Albert-Schweitzer-Schule zum Modellprojekt zu machen. Dass diese Grundschule ausgewählt wurde, hat auch mit einer Besonderheit zu tun: Die Schule liegt außerhalb ihres Grundschuleinzugsbereichs. Sprich: Für einige Familien entstehen vergleichsweise lange Wege zwischen Wohnort und Schule.
Um Gefährdungen durch Elterntaxis zu verringern, änderte die Straßenverkehrsbehörde die Verkehrsregeln vor Ort. Als „Glück im Unglück“ erwies sich dabei die Lage des Schulgebäudes: Als Sackgasse ist die Liepmannstraße nachrangig für den Durchgangsverkehr. Deswegen konnte problemlos eine Sperrung inklusive Halteverbot eingerichtet werden. Zwei rot umrandete Schilder signalisieren das morgendliche, temporäre Einfahrverbot für Kraftfahrzeuge.
Zusätzlich kontrollierten Polizisten während der ersten Wochen, ob Autofahrer die neuen Verkehrszeichen ausreichend beachten. Außerdem wurde in der anliegenden Friedhofstraße eine spezielle Haltezone eingerichtet. Auf diesem gekennzeichneten Platz können Eltern in Ruhe ihre Kinder ohne Verkehrstumult aussteigen lassen.
Bekannt gemacht unter den Eltern wurde das neue Verkehrskonzept unter anderem mit Elternbriefen und einer Pressekonferenz beim Schulfest. Die waren angetan von der neuen Lösung: „Sehr angenehm und praktisch“, findet beispielsweise Bastian Kaminiarz die neue Haltestelle. Der Vater bringt sein Kind aufgrund des langen Wegs täglich mit dem Auto zur Schule.