Foto: Thinkstock, © eric1513

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Trost im Gepäck

Wie reagiert man als Lehrkraft gegenüber der Klasse, wenn eine Schülerin oder ein Schüler plötzlich verstorben ist? Ein Trauerkoffer bietet pädagogische Hilfen zur Bewältigung der Krise.

 

Das Thema zu verdrängen ist keine Option. Jedes Kollegium kann von Todesfällen im Umfeld der Schule berichten. Und doch ist es immer wieder aufs Neue eine absolute Ausnahmesituation, in der sich Einzelne auch überfordert und alleine gelassen fühlen: Selbst noch unter dem Eindruck großer Betroffenheit stehend, der Klasse vom Tod eines Schülers, einer Lehrerin oder dem beliebten Hausmeister zu be-richten, nicht zu wissen, wie die Klasse reagieren wird. Wie kann ich die Nachricht kindgerecht vermitteln? Wie gelingt eine angemessene Kommunikation auch in Richtung Elternschaft? Wie kann man den Angehörigen des oder der Verstorbenen gut begegnen? Wie der Betroffenheit und der Trauer Ausdruck geben, wie einen würdevollen Abschied gestalten? Oft herrscht große Hilflosigkeit. Schon vorab klare Strukturen zu schaffen, sich mit Tod und Trauerarbeit (auch im Team) auseinanderzusetzen, trägt unmittelbar dazu bei, im Fall der Fälle handlungsfähig zu bleiben. So trifft die Todesnachricht zwar immer noch, aber doch nicht gänzlich unvorbereitet.

 

Fast alle Schulen haben inzwischen Krisenteams gebildet. In der Vergangenheit lag – unter dem Eindruck von Amokläufen in Winnenden und Erfurt – der Schwerpunkt ihrer Arbeit auf dem Management von Großschadensereignissen und Bedrohungen. Aber auch der Umgang mit Todesfällen eines Schulmitglieds infolge von Unfall oder Krankheit und die Gestaltung der Trauersituation gehört zu den Aufgaben eines Krisenteams, das in seiner Arbeit von schulpsychologischen Kriseninterventionsteams unterstützt werden kann. Ebenso bieten die den Krisenteams zur Verfügung stehenden, von den Kultusministerien herausgegebenen Leitfäden Orientierung. So finden sich in der vom Hessischen Kultusministerium herausgegebenen Version Beispiele für einen Handlungsablauf sowie Textbausteine für Musterbriefe. Besteht allerdings das Bedürfnis, der Trauer im Wortsinne „Raum“ zu geben, ist ein Trauerkoffer oder eine Trauerkiste dafür das geeignete Werkzeug.

Die Idee des Trauerkoffers bzw. der Trauerkiste stammt aus dem kirchlichen Kontext. Sie können auch häufig über die kirchlichen Dekanate entliehen werden. Der Inhalt von Trauerkoffer und -kiste variiert. Enthalten sind zumeist altersgerechtes Arbeits- und Informationsmaterial, schwarze und bunte Tücher, Kerzen, schöne Kieselsteine, tränenförmige Glassteine, ein schwarzer Bilderrahmen für ein Foto der oder des Verstorbenen, ein Kondolenzbuch, manchmal auch CDs mit ruhiger Musik und Karten mit Sinnsprüchen, einfühlsamen Texten oder Gebeten. Damit können Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler gemeinsam eine Trauerecke gestalten, die ihren Bedürfnissen entspricht. Es ist ein Leichtes, nach diesem Vorbild einen Trauerkoffer ganz passend für die eigene Schule zu befüllen, der dann griffbereit ist, sollte er eines Tages benötigt werden.

Ein Ort zum Trauern ist wichtig

Einen Ort zum Trauern zu haben ist für viele Menschen wichtig. Für die ersten Tage sollte die Schule dem Rechnung tragen und einen geeigneten Trauerort finden. Es empfiehlt sich, diese Trauerecke in einem separaten Raum oder zentral, aber sichtgeschützt im Schulgebäude einzurichten. Wie lange solche Trauerecken bestehen bleiben, ob und wie lange noch der leere Platz im Klassenzimmer mit Blumen oder einer Kerze geschmückt wird – dafür gibt es keine generelle Empfehlung und hängt von den Wünschen und Bedürfnissen der Mitschülerinnen und Mitschüler ab. Es liegt an der vertrauten Lehrkraft, hier sensibel vorzugehen.

Yvonne Dettmar, Bildungsreferentin des Evangelischen Dekanats Hochtaunus, hat die Erfahrung gemacht, dass Kinder und Jugendliche anders trauern als Erwachsene und anders mit dem Tod umgehen. „Manche entwickeln Ängste, andere schwanken zwischen tiefer Trauer und Heiterkeit – es gibt nicht die richtige Art zu trauern“, sagt sie. Auch die Lehrkräfte können bei einem Todesfall an ihre Grenzen stoßen. „Sie sollen ganz genau abwägen, was sie sich selbst zutrauen, und sich unbedingt Hilfe holen“, rät sie. Unmittelbaren Beistand können Kolleginnen und Kollegen leisten, kompetente Unterstützung bietet auch die Schulpsychologie und die Notfallseelsorge. Professionelle Hilfe ist besonders in Fällen von gewaltsamem Tod und Suiziden dringend anzuraten. Der Übergang zur „Normalität“ ist schwierig. Irgendwann muss der Trauerprozess nach außen sichtbar beendet werden. Die Trauerecke wird abgebaut, das Kondolenzbuch, Bilder, Bastelarbeiten und Andenken können an die Angehörigen übergeben werden. Es sollte signalisiert werden: Die Normalität, das Leben an der Schule darf weitergehen. Den richtigen Zeitpunkt und geeigneten Rahmen dafür bestimmen Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler am besten gemeinsam.

Stefanie Richter, Redakteurin, Universum Verlag

redaktion.pp(at)universum.de

Mehr Infos

Weiterführende Informationen zu Trauerkiste und Trauerkoffer finden Sie im Internet auf der Seite www.geistreich.de; Suchbegriff „Trauerkiste“ oder „Trauerkoffer“. Hier gibt es Angaben zu den Inhalten und den Bezugsmöglichkeiten.

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