Foto: Dominik Buschardt

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"Ein Stück neuer Lebensraum"

Natur und Sonne - wer freut sich nach anstrengendem Unterricht nicht darüber? Etwas Ähnliches dachten sich wohl auch die Planerinnen und Planer des neuen Gebäudes. Durch die gläserne Gebäudefassade strömt jede Menge Tageslicht, Panoramafenster eröffnen den Blick auf ein Flussufer. "Dieses Gebäude ist ein Stück neuer Lebensraum, der uns geschenkt wurde", freut sich Jochen Dotterweich, stellvertretender Direktor des Arnold- Gymnasiums.


Entstanden ist ein Ort zum Wohlfühlen. Weiße und frühlingsgrüne Farben versprühen das Flair einer modernen Lounge, bequeme Stühle und Sitzbänke laden zum Verweilen ein. Für angenehme Raumbedingungen sorgen die hochmoderne Lüftungstechnik, eine schallschluckende Decke, ein Linolboden und Lärmkufen am Mobiliar. Weitere Vorzüge sind täglich frisch zubereitetes Essen, die Salat-Selbstbedienungs-Insel und das nutzerfreundliche elektronische Bestell- und Bezahlsystem.


"Ein bayernweit einmaliges Modellprojekt", sagt Susanne Dobelke von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Expertin begleitete Planung und Bau der Mensa von Beginn an. Vorbildlich ist an dem Projekt, dass erstens der Qualitätsstandard für Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) im Leistungsverzeichnis und in Verträgen mit dem Speisenanbieter verankert wurde. Möglicherweise noch wichtiger ist der zweite Punkt, er lautet: Partizipation.

Sprich: Lange vor dem ersten Spatenstich wurden die Menschen, die das geplante Gebäude nutzen, mit ins Boot geholt. Los ging es im Jahr 2010. Weil die Mensa für zwei weiterführende Schulen gedacht war, wurden schulübergreifende Arbeits- und Projektgruppen eingerichtet. "Mensa ist mehr als nur Essen. Das war und ist bei uns ein Chefprojekt", betont Karlheinz Schoofs, Direktor des Arnold-Gymnasiums.

Nicht allein die Schulleitungen, sondern auch Eltern, Lehrkräfte, Schülerinnen, Schüler und Landkreisverwaltung berieten in den Arbeitsgruppen Fragen wie diese: Was muss unsere Mensa leisten? Wie gelingt der Spagat von gesunder Schulverpflegung und hoher Akzeptanz? "Wir trafen uns sieben- bis achtmal jährlich. Manchmal fuhren wir auch mit dem Kleinbus los, um andere bayerische Mensabetriebe zu besichtigen", erinnert sich Realschulrektor Ronald Bänisch.

Ein Ergebnis war, dass die Mittagskantine ebenso als Aula nutzbar sein sollte und zu den Ganztagskonzepten der Schulen passt. Wer heutzutage das Mensagebäude besucht, sieht fest montierte Medien- und Veranstaltungstechnik an den Wänden. Und im Unter und Obergeschoss sind attraktive Räumlichkeiten für Ganztagsangebote entstanden. Dabei arbeiten die Schulen mit einem kirchlichen Träger aus dem Ort zusammen.

Das gemeinsame Planen beeinflusste auch das Miteinander beider Schulen positiv. "In der Vergangenheit gab es immer mal Konflikte zwischen Schülergruppen", berichtet Studiendirektor Dotterweich. Dies spiegelte sich auch in früheren Mensaplanungen wider, die ursprünglich sogar getrennte Speiseräume für Gymnasium und Realschule vorsahen.

Diese Pläne sind längst vom Tisch, wie der große Speisesaal für alle zeigt. Die Mensa, die exakt zwischen beiden Schulgebäuden liegt, kann so zum "Punkt der Begegnung" werden und treibt die Schulentwicklung ein Stück voran.

4,1 Millionen Euro hat der Neubau gekostet. Bei einer solchen Investition ist ein heißer Draht zur Politik wichtig. "Alle Kreistagsfraktionen waren bei Planung und Bau eng eingebunden, die Politik wusste immer, was der aktuelle Stand war", erzählt Brigitte Keyser, Fachbereichsleiterin Bildung, Kultur, Sport. Außerdem wurde im Kreistag eine interfraktionelle Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich ausschließlich mit dem Mensaneubau beschäftigte. Hilfreich war auch, "dass Bildung im Landkreis Coburg als Schlüsselthema gilt", betont Keyser.

Küche, Speisesaal und Kiosk sind nun seit einigen Monaten in Betrieb. Die bisherige Resonanz ist positiv: "Ich esse fast immer dort. Das Essen ist bezahlbar, die Sitze sind gut", sagt Serkan Yetiskin (17), Schülersprecher des Gymnasiums. Auch andere Jugendliche würdigen Essen und Atmosphäre der nagelneuen Mensa.

Ein Monitor im Speisesaal zeigt, was es heute zu essen gibt: gebratene Hühnerbrust und vegetarisches Gemüsecurry. Beim Essensangebot dürfen die Schulen ein Wörtchen mitreden. Die Essenspläne des Speiseanbieters werden mit Blick auf den DGE-Standard erstellt und regelmäßig mit einer Feedbackgruppe der Schulen abgestimmt.

70 bis 80 Mahlzeiten gehen derzeit Tag für Tag über die Theke. "Wir rechnen mit einer Startphase von ein bis zwei Jahren, Ziel sind 250 Essen täglich", sagt Brigitte Keyser. Sie wünscht sich, dass die Zahl der Mahlzeiten wächst, damit der Mensabetrieb rentabel wird und die Basis für eine langfristige Zusammenarbeit mit dem Cateringunternehmen geschaffen wird.

Auch deswegen liegen Mensa und Kioskverpflegung in der Hand eines einzigen Betreibers: So können die Versorgungsbereiche untereinander quersubventioniert werden.

Zugunsten einer besseren Auslastung darf das Cateringunternehmen die Zubereitungsküche nutzen, um weitere öffentliche Einrichtungen wie Kitas im Landkreis zu versorgen.

Apropos, wie lassen sich Rentabilität und gesunde Schulernährung miteinander vereinbaren? Am Kiosk stapelt sich ein Berg von Chickenburgern - unter Schülerinnen und Schülern ein echter Verkaufsschlager. Vereinbart wurde, dass die heiß begehrten Brötchen lediglich zweimal in der Woche angeboten werden.

"Das Essensangebot ist eine Gratwanderung"
Möglicherweise hat gesunde Schulverpflegung auch viel mit Kompromissen zu tun. Realschulrektor Bänisch: "Das Essensangebot ist eine Gratwanderung zwischen den Wünschen von Jugendlichen und Lehrkräften, den Interessen des Caterers und dem Ideal einer gesunden Ernährung."

Selbst wenn in Neustadt mancher Burger genüsslich mit Remoulade oder Ketchup verzehrt wird: Im Coburger Land können alle stolz auf das neue Gebäude sein. Brigitte Keyser sagt: "Die Herangehensweise war aufwändig. Doch nur so war eine Lösung möglich, die von allen mitgetragen wird!"

Autor:

René de Ridder, Redakteur (Universum Verlag) redaktion.pp@universum.de

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