Foto: Dominik Burchardt

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"Im Unterricht einfach unentbehrlich geworden"

Digitale Whiteboards sorgen an einer Berliner Grund- und Sonderschule für Begeisterung. Zudem setzt die Ahorn-Schule, die auf Kinder mit Sprachstörungen spezialisiert ist, zielgerichtet Computer in der Sprachtherapie ein. Beim Besuch in Berlin-Friedrichshagen wurde sichtbar, wie Kinder mit besonderem Förderbedarf von digitaler Technik im Unterricht profitieren können.


Zurück zu Schwamm und Kreide? Für Roselinde Arlt unvorstellbar. Per Fingerdruck macht die 58-Jährige auf der weißen Fläche eine Lerneinheit sichtbar. Nach kurzer Einweisung unterscheiden die Kinder am Großbildschirm Wortarten. Nach einem halben Jahr Erfahrung mit dem Whiteboard fällt das Fazit der Sonderpädagogin eindeutig positiv aus: " Das Gerät ist im Unterricht einfach unentbehrlich geworden!" Sehr schwer angetan ist auch die zwölfköpfige Klasse. "Die Kinder haben das Whiteboard von Beginn an geliebt", erzählt Arlt. Als sie auf dem Touchscreen aus Versehen eine falsche Registerkarte berührt, weiß Schüler Erik schnell Rat: "Sie müssen das andere Menü aufrufen!"


Dass die Geräte so gut ankommen, hängt nicht nur damit zusammen, dass Leitung und Kollegium technisch aufgeschlossen sind, sondern auch mit der besonderen Struktur der Ahorn-Schule: Hier lernen Erst-, Zweit- und manchmal Drittklässler gemeinsam in einer Klassengemeinschaft. Lehrkräfte müssen deswegen ihre Stunden oft für drei verschiedene Lernniveaus konzipieren. Die Stärken der elektronischen Tafeln kommen im binnendifferenzierten Unterricht zur Geltung. Etwa, wenn die Geräte für einen Teil der Klasse zur Lernstation werden, an der Schülerinnen und Schüler selbständig arbeiten. Während dieser Zeit findet die Sonderpädagogin zusätzliche Minuten, um Kinder mit größerem Förderbedarf zu unterstützen.


Nach den kopflastigen Aufgaben folgt - Musik! Schubi-Duba tönt es aus den Lautsprechern der E-Tafel, die Lehrerin spielt eine digitale Audiodatei ab. Die eingängige Melodie bringt auf Anhieb Schwung in die Klasse, weil die Kinder Schultern, Hüften und Hände im Rhythmus bewegen. Anschließend ist Frühstückspause. Frau Arlt versetzt das Whiteboard in Tiefschlaf, damit alle ihr Pausenbrot ganz ohne Ablenkung genießen können. Beeindruckend ist, wie gut sich mit dem digitalen Whiteboard der Unterricht lenken und variieren lässt. Zeitverzögerungen, in denen die Aufmerksamkeit abschweift, weil ein aufwändiges Tafelbild entworfen wird, sind Vergangenheit. Und die Kinder sind immer wieder fasziniert von den spielerisch anmutenden Lernflächen. So klickt die Lehrerin fürs Kopfrechnen ein virtuelles Stadion herbei. Wer jetzt schnell und richtig rechnet, kann den Ball auf dem digitalen Spielfeld flugs ins gegnerische Tor befördern.

Viel Vorbereitung am heimischen Rechner
Natürlich können die Lerneinheiten nicht so einfach auf die Tafel "herbeigezaubert" werden. Diese müssen von Lehrkräften zuvor aufwändig vorbereitet und an einzelne Lernniveaus angepasst werden. "Das ist eine durchaus umfangreiche Arbeit, die ich zu Hause erledige", erzählt die Sonderpädagogin. Sie hat sich auf ihrem privaten Rechner eine Version der entsprechenden Lernsoftware installiert. Roselinde Arlt hat sich mittlerweile so souverän indie Technik "eingefuchst", dass sie das Lehren am Whiteboard auch in anderen Berliner Schulen demonstriert.


Ebenso für den Schulleiter haben sich die E-Tafeln zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Thomas von Schade sieht viele Vorteile: zahlreiche Optionen für differenzierten Unterricht, diverse Medienkanäle und die Möglichkeit des Methodenwechsels. Für den Rektor ist die digitale Technik kein "Allheilmittel", sondern eine sinnvolle Ergänzung. "Die neuen Medien sind wichtig, Kunst und Sport sind es aber auch", betont er. Trotz aller Begeisterung für die Technik bleibt aus seiner Sicht weiterhin der Mensch entscheidend für Bildungsprozesse: "Beim Lernen spielt die emotionale Beziehung zwischen Kindern und Lehrkraft eine sehr wichtige Rolle!"


In einem anderen Unterrichtsraum gibt Heike Bumke eine Stunde Sprachtherapie. Konzentriert sitzen die Kinder im Computerraum vor den Rechnern. Vorn am interaktiven Whiteboard werden Aschenputtel, Rumpelstilzchen und andere Märchenfiguren eingeblendet.Aufgabe: "Schreibt die wichtigsten Sätze eures Lieblingsmärchens am Rechner auf." Danach dürfen die Kinder noch ein paar Minuten ins "Klex". So heißt die therapeutische Software, mit der junge Nutzer Lesetechnik, Worterkennung, Gedächtnis und Konzentration trainieren können. Das Programm ermöglicht der Lehrerin, jedem Kind individuelle Aufgaben zusammenzustellen.


Die Sonderpädagogin hat schon oft beobachtet, dass digitale Medien stark motivieren und einen zusätzlichen Zugang zu den Kindern bieten. Sie erinnert sich an einen besonders hibbeligen Schüler, der es im regulären Unterricht kaum schaffte, sich zwei Minuten lang zu konzentrieren. "Am Rechner konnte der Junge problemlos eine halbe Stunde fokussiert arbeiten."

Schulprofil und das Projekt "Berlin wird kreidefrei"

  • Die Ahorn-Schule Friedrichshagen ist Grundschule und zugleich sonderpädagogisches Förderzentrum mit dem Schwerpunkt Sprache im Berliner Bezirk Treptow Köpenick.
  • Hier lernen Schülerinnen und Schüler in kleinen Klassen bis zu 12 Kindern durch besondere Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen Sprachentwicklungsverzögerungen und Sprechfehler aufzuarbeiten.
  • Laut Senatsverwaltung werden nach dem Förderdurchgang (2014) in den öffentlichen allgemein bildenden Berliner Schulen insgesamt 5211 interaktive Whiteboards im Einsatz sein. Damit verfügen 460 von 647 der Schulen (71 Prozent) über mindestens ein interaktives Whiteboard. 114 Schulen sind dann "kreidefrei".
  • Weitere Infos zur Schule unter: www.ahorn-schule.de

 

AUTOR

René de Ridder ist Redakteur bei DGUV pluspunkt.

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